Strategischer Umgang mit komplexen Wettbewerbs- und Rahmenbedingungen
Wir befinden uns im Umbruch. Wirtschaftlicher, gesellschaftlicher, technologischer und politischer Wandel eröffnet vernetzte und globalisierte Märkte in bisher noch nicht erlebtem Umfang. Wir sind mit unterschiedlichsten Auswirkungen dieser komplexen Entwicklung konfrontiert, die Bahn bricht für neue Geschäftsmodelle und zugleich bisher bewährte Konzepte und Instrumente in Zweifel zieht. Diese Umbrüche finden vor einer gesamtwirtschaftlichen Kulisse statt, die durch unstetige, zusehends krisengetriebene Entwicklungen geprägt ist.
Dieser Hintergrund führt zur Überlegung, der Komplexität mit einem Konzept von Unternehmensführung entgegenzutreten, das den Planungshorizont perspektivisch erweitert: Ein verstärktes Miteinbeziehen taktischer bzw. strategisch-normativer Komponenten schafft die Voraussetzungen dafür,
- Führungsaufgaben klarer zu strukturieren,
- den Unterschied zwischen Effektivität und Effizienz zu verdeutlichen,
wodurch das Bewusstsein geschärft und die Orientierbarkeit insgesamt verbessert wird.
Erfolgsgrundlage Anpassungs- und Entwicklungsfähigkeit
Das Abhandenkommen von Bezugspunkten führt zu subjektiver Unsicherheit und schafft Bedarf an Sicherheit und Orientierung. Das gilt in besonderem Maße für Konzepte und Methoden der Unternehmensführung, die einen Nachweis, die Ursachen und Folgen der letzten Wirtschafts- und Finanzkrise erfolgreich bewältigt zu haben, in vielen Fällen (noch) nicht erbringen konnten.
Wir betrachten Unternehmenssteuerung als mehrdimensionale Managementaufgabe. Das Management steht in umfassender Verantwortung, das Unternehmen
- über visionäre Vorstellungen gegenüber seiner Umwelt zu positionieren und dessen Entwicklungs- und Anpassungsfähigkeit abzusichern,
- über strategisch-zielgerichtete Vorgaben voranzutreiben und nachhaltige Erfolgsfaktoren aufzubauen und
- in seinen wertschöpfenden Leistungsprozessen durch effiziente Planung, Steuerung, Überwachung und Kontrolle zum Erfolg zu führen.
Selbstredend kann das Führungskonzept seine Überzeugungskraft und Gestaltungswirkung allerdings nur in dem Umfang unter Beweis stellen, als diese Management-Aspekte inhaltlich kohärent aufeinander abgestimmt, widerspruchsfrei umgesetzt und letztendlich betrieblich gelebt werden.
i. Normatives Management
Normatives Management fokussiert Themenbereiche, die für das Unternehmen konstituierende Bedeutung haben: Sie klären grundlegende Sach- und Systemfragen2, die sich aus dem Kernziel des Unternehmens, der nachhaltigen Sicherstellung seines Überlebens, ableiten.
Damit rücken perspektivisch langfristige Gestaltungsfelder in das Zentrum des normativen Managements; sie haben
- Institution und Struktur (Unternehmensverfassung),
- Handlungsfelder (Unternehmenspolitik) und
- wertorientierte Ausgestaltung (Unternehmenskultur)
zum Gegenstand.
Das normative Gerüst ist keineswegs Selbstzweck. Normen, Werte und Spielregeln stehen in enger Wechselwirkung zur unternehmerischen Leitidee, sie verkörpern die Philosophie des Unternehmens. Impulse und motivierende Vortriebskräfte, die von der Unternehmensphilosophie ausgehen können, hängen allerdings maßgeblich davon ab, ob sie von den Mitarbeitern auch erkannt, akzeptiert oder geteilt werden.
Die Kraft der Vision
In diesem Punkt setzt die Vision an. In ihr kristallisieren sich Leitidee, Ziele und Philosophie der angestrebten Unternehmenszukunft.
Die Vision ist ein konkretes Zukunftsbild, nahe genug, dass wir die Realisierbarkeit noch sehen können, aber schon fern genug, um die Begeisterung der Organisation für eine neue Wirklichkeit zu erwecken.
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Verständlicher Weise gewinnt die Vision – im Sinne eines Story Tellings – umso mehr an Überzeugungskraft, je klarer, einprägsamer und sinn-stiftender sie Perspektiven veranschaulicht.
You cannot predict the future, but you can create it
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Orientierungserwartungen gegenüber der Vision spiegeln sich auch in der Positionierung des Unternehmens gegenüber seiner Umwelt wider und werden dem breiten Zielpublikum häufig mittels Leitbild kommuniziert. Der Zweck des Leitbilds ist es, spezifische Erwartungsvorstellungen zu generieren, insbesondere
- in der Beziehung zu Stakeholdern,
- über leistungs- und finanzwirtschaftliche Visionen oder
- über seine soziale Verantwortung,
wodurch das Unternehmen im Wettbewerb erkenn- und unterscheidbar auftritt.
ii. Strategisches Management
Strategisches Management ist der erste Abdruck der Konkretisierung und Umsetzung der normativ-grundlegenden Vorgaben. Zentrales Handlungsfeld des strategischen Managements ist es daher, das Unternehmen auf die effektive Verfolgung des Kernziels, sich im Wettbewerb anzupassen und zu überleben, auszurichten. Wegweisend dafür sind strategische Erfolgspotenziale, deren Aufbau, Erhalt und Nutzung einen nachhaltigen Unternehmenserfolg sicherstellen.
Abb. Strateg. Managementdimension5
Dazu ist es erforderlich, Ressourcen zielgerichtet zu bündeln, um Handlungsvermögen zu schaffen, Kompetenzen aufzubauen und Spielräume für das Unternehmen zu eröffnen. Strategisches Management sichert damit die Stoßkraft des Unternehmens6.
Diesen, systemisch darstellbaren, Zusammenhang veranschaulicht das St. Galler Managementmodell: es gliedert Management zum einem in normative, strategische und operative Dimension und gruppiert zum anderen nach Struktur-, Aktivitäts- und Verhaltensmerkmalen.
Der damit gewonnene Einblick in die Schichtung der Unternehmensstrategie schafft ein Verständnis, das Strategie traditionell als ein rational geplantes Maßnahmen- und Instrumentenbündel zur Erreichung langfristiger Ziele betrachtet7; es stellt ein logisch hierarchisches Konstrukt dar, das den Grund zu Entscheidungen über
- Organisations- und Prozessstrukturen,
- programmatische Planungen sowie
- Problemverhalten
legt und sich in nachgeordneten Zielsetzungen und Handlungsanweisungen schrittweise materialisiert.
iii. Operatives Management
Das operative Management widmet sich dem day-to-day Business und steuert dieses unter den Prämissen und Zielvorgaben, die zuvor auf normativ-strategischer Ebene festgelegt wurden. Operativ zu führen verlangt daher
- effiziente Gestaltung funktionaler Prozessabläufe (Personal, Organisation, Information und Finanzen) sowie
- konsequente Lenkung des Produktmanagements (Leistungssortiment, Produktion, Distribution, Kommunikation, etc.) durch Ausrichtung an der betrieblichen Wertschöpfungskette.
Über diesen zentralen Leistungsbeitrag komplettiert sich das Handlungsfeld der Unternehmensführung und gewährleistet, dass strategische Erfolgspotenziale am Ende des Tages auch erfolgswirksam genutzt wurden.
Vor diesem Hintergrund repräsentiert die operative Unternehmensführung zentrale Aspekte und Inhalte, die für das Management in seiner Gesamtheit Gültigkeit haben:
Das Management agiert in originärer Verantwortung bei der Gestaltung und Lenkung sämtlicher normativ-strategischer sowie operativ-taktischer Aktivitäten; es ist Träger der unternehmerischen Planung, Entscheidung, Anordnung und Kontrolle.
Ziele schaffen Fakten
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Abb. Führungskreislauf
Wirksames Führen und Lenken kann jedoch nur dort stattfinden, wo Aktivitäten zielgerichtet organisiert, intendierte Leistungserfolge realisiert und letztendlich – durch Operationalisierung der Zielvorgaben – kontrolliert werden können.
Dabei ist der Führungsansatz in erheblichem Maße auf informationswirtschaftliche Prozesse seitens der internen Unternehmensrechnung angewiesen – und kann in vollem Umfang vielfach erst durch ein leistungsfähiges Controlling in Aktion gesetzt werden.
Quellenverweise:
[2] Bleicher (2005), Management im Wandel.
[3] Boston Consulting Group (1988).
[4] Peter Ferdinand Drucker.
[5] Darstellung angelehnt an: Grabner (2012), Operations Management.
[6] Bleicher (2009), Normatives und strategisches Management.
[7] Marchazina / Wolf (2008), Unternehmensführung.
[8] Hermann Simon