Strukturmerkmale und Ablaufplanung von Projekten
IV. Projektablauf
Im betrieblichen Gesamtgefüge weisen Projekte vielfach einen Horizont auf, der über die Projektierung des konkreten Vorhabens hinausgeht. Dieser Umstand hat Relevanz für die einzelnen Phasen des Projektes i.e.S., die zumindest in Planung, Entwicklung und Umsetzung unterteilt werden. Jede dieser Phasen kennzeichnet sich durch Besonderheiten und stellt – im jeweiligen Kontext – spezifische Anforderungen an Projektmanagement und –organisation.
Abb. Planungsbezug und Ablaufphasen von Projekten
Die Festlegung und Ausgestaltung einzelner (Teil)Phasen des Projektes bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls; vielfach werden dafür Kriterien, wie definierter Leistungsfortschritt oder Realisationsgrad als Etappenziele in Frage kommen5.
V. Prozessgruppen
Prozessgruppen verkörpern die Kernfunktion des Projektmanagements. Ihre Aufgabe besteht darin, dem Projekt eine ablauforientierte, nach Funktionen gegliederte Organisationsstruktur zu geben, aus der heraus die Vielzahl an Detail- und Subprozessen jederzeit effektiv gestaltet, aufeinander abgestimmt und vorangetrieben werden können.
Den Ausgangspunkt von Prozessgruppen bildet die Grundstruktur jedwedes Prozesses: die zyklische Abfolge der Aktivitäten „Planen–Ausführen–Prüfen–Handeln“ dient als Schablone, die über das gesamte Projektgeschehen gelegt wird. Dadurch wird das Projektgeschehen mit Blick auf die darin ablaufenden Prozessschritte systematisch gegliedert und gruppiert und der Kern „planender, ausführender, prüfender und handelnder Abläufe“ einer jeweils fachlich zuständigen Prozessgruppe unterstellt6.
Abb. integrierter Prozessablauf
Insbesondere bei der Abwicklung komplexer Vorhaben ermöglichen es Prozessgruppen, die Summe aller Projektaktivitäten im Sinne eines System Engineerings nach bestimmten Kriterien zu gliedern.
Dementsprechend stellen Prozessgruppen ein Organisationsinstrument dar, das unterschiedlichste – wiederholt auftretende – Prozesse und Aktivitäten im Projekt
- strukturiert und abstimmbar macht,
- Doppelgleisigkeiten vermeidet und zugleich
- effektive Zuständigkeits- und Verantwortungsbereiche schafft.
Die Tätigkeiten der jeweiligen Prozessgruppen stehen in funktionaler Wechselbeziehung. Der Output einer Prozessgruppe bildet den Eingangswert der jeweils nachfolgenden Prozessgruppe. Dieser Sequenz steht nicht entgegen, dass sich die Aktivitäten überschneiden: abhängig vom Reifegrad und Realisationsfortschritt des Projektes ist vielmehr davon auszugehen, dass Aktivitäten in Streams gebündelt und dementsprechend parallel abgewickelt werden.
Abb. Wechselwirkung von Prozessgruppen
In diesem Punkt setzt der PMBOK-Guide an, der das Prozessmanagement an Hand logisch abgrenzbarer Zuständigkeitsbereiche auf (idealtypische) Prozessgruppen herunterbricht7. Eine Übersicht dazu gibt die nachfolgende Detaildarstellung.
1. Prozessinitiierung
Der Initiierungsprozessgruppe werden sämtliche Prozesse zugewiesen, die mit dem Auftakt und der Freigabe des Projektes – oder aber bei mehrstufigen, komplexen Projektvorhaben mit dem Initiieren von Teilprozessen – verbunden sind. Dem steht freilich nicht entgegen, dass die Initiative außerhalb des eigentlichen Projekts erfolgt: aus unterschiedlichsten Überlegungen werden insbesondere Soundings, (rechtliche, technische und finanzielle) Machbarkeitsanalysen, Marktstudien oder Due Diligences vorab und meist auch außerhalb des eigentlichen Projektstreams abgeführt.
Zum standardisierten Bestandteil des Initiierungsprozesses zählen die Prüfung und Festlegung
- von Projektrahmen und -grenzen,
- der (sachlichen, fachlichen und organisatorischen) Zuständigkeiten,
- Dokumentation und Entwicklung des Projektauftrags (als Entscheidungsvorbereitung für die Projektfreigabe),
- die vorläufige Projektbeschreibung: Inhalts-, Termin- und Kostenplan sowie
- die Identifikation und Integration der für das Projekt maßgeblichen Stakeholder.
Die Bedeutung dieser Projektphase kann mit einem Blick auf bauwirtschaftliche Projekte veranschaulicht werden: Obwohl sich die Kosten für strategische Planung, Vorstudien und Projektierung im Durchschnitt auf weniger als 10 Prozent der Gesamtaufwendungen belaufen, werden trotzdem bereits 4/5 der Gesamtkosten in diesem frühen Projektzeitpunkt fixiert8.
2. Prozessplanung
Der Leistungsbeitrag dieser Prozessgruppe konzentriert sich darauf, den Projektmanagementplan zu entwickeln, der das Projekt in seiner Gesamtheit abbildet; er gibt Auskunft über den materiellen Teil des Projektes (Ziele und Inhalte), dessen Organisation (Aufbau- und Ablauforganisation), die Planung sowie den Einsatz der Ressourcen und definiert den zeitlichen Rahmen der Vorgänge.
Dabei ist davon auszugehen, dass ein hoher Komplexitätsgrad von Projekten vielfach einen progressiven Planungsansatz bedingen, der Managementplan dementsprechend rollierend zu aktualisieren und zu präzisieren sein wird9: planungserhebliche Informationen, die sich aus der Wechselwirkung der Einzelaufgaben und Prozessabfolgen (neu hervortretend) ergeben, sind zu konsolidieren, Ziele und Anforderungen zu validieren, mögliche Chancen und Risiken in die Planung und Strukturierung der (Teil)Aufgaben miteinzubeziehen.
Zum Aufgabenportfolio der Prozessgruppe werden daher insbesondere zählen10
- Integration der Projektaktivitäten und Entwicklung des Projektmanagementplans,
- Definition von Projektinhalt und –umfang sowie Erstellen des Projektstrukturplans,
- Termin(netz)planung des Gesamtgeschehens, Definition der Vorgänge – inklusive ihrer Dauer und Abfolge – und dafür erforderlichen Einsatzmittel,
- Qualitätsmanagement: Definition von Standards,
- Kostenmanagement: Kostenbasisplanung auf Grund des geplanten Mitteleinsatzes
- Personalmanagement: Aufbau- und Ablauforganisation sowie geschätzter Personalbedarf,
- Einkaufs- und Beschaffungsvorgangsplanung (Vorlaufzeiten) samt Planung des begleitenden Vertragswesens,
- integriertes Risikomanagement: Risikodefinition, -identifikation, -analyse und -Bewältigung und
- Kommunikations- und Informationsbedarfsplanung.
3. Prozessausführung
Die Prozessausführung widmet sich dem Management der Aktivitäten und Prozessvorgänge, die auf die unmittelbare Projektrealisation gerichtet sind. Im Kern handelt es sich dabei um die integrierte Steuerung der Projektausführung und den dafür erforderlichen Ressourceneinsatz nach Maßgabe des Projektmanagementplans.
Im Detail umfasst das Aufgabenportfolio der Prozessausführung insbesondere die
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- organisatorische und technische Steuerung der Projektausführung nach Maßgabe der definierten Leistungsfortschritte und Zeitpläne,
- angewandte Qualitätssicherung, um zu gewährleisten, dass den Projektanforderungen entsprochen werden kann,
- Zusammenstellung und Organisationsentwicklung des Projektteams,
- der projektspezifische, interne und externe Informationsaustausch und die Kommunikation sowie das
- Beschaffungsmanagement mit der Auswahl und Festlegung der kosten- und leistungswirksamen Beschaffungsvorgänge.
4. Prozessüberwachung und -steuerung
Die Prozessüberwachung widmet sich der Bewertung der Projektleistung. Diese – meist als „Controlling und Monitoring“ bezeichnete – Aufgabe dient der prüfenden Kontrolle der Umsetzung von Planvorgaben und des Erreichens der Projektziele. Besondere Bedeutung kommt dabei der Ergebnisanalyse zu, die Abweichungen vom Planziel erkennt und benennt.
Dies wird regelmäßig ein effektives Controlling, ein entsprechendes Berichtswesen und effektiven Austausch von Informationen voraussetzen, damit Abweichungen frühzeitig erkannt, bewertet und Reaktionsmaßnahmen gesetzt werden können.
Abhängig von Inhalt und Umfang des Projektes zählen zum Portfolio der Prozessüberwachung:
- Monitoring und Controlling der Projektaktivität mittels Berichterstattung über Ergebnisse und Abweichungen von Projektzielen,
- Steuerung erforderlicher Aktualisierungen, Änderungen und Korrekturmaßnahmen,
- Steuerung von Terminplänen und „due dates“,
- Kosten- und Qualitäts- und Ergebniscontrolling,
- Leitung und Lenken des Projektteams und Mitarbeiter,
- integriertes Risikomanagement,
- Vertragsmanagement sowie
- projektexterne Kommunikation mit Stakeholdern.
5. Prozessabschluss
Die Abschlussprozessgruppe bildet die Gesamtheit der Prozesse, die auf den formellen Abschluss des Projektes oder einzelnen Phasen davon abzielen12. Die damit angesprochene Palette an Prozessen umfasst Aktivitäten, die auf den formellen Abschluss abzielen und insbesondere Prozesse der
- Wissensmanagement: Dokumentation der Endergebnisse und Projekterfahrungen,
- Claim-Management (aktiv- und passivseitig),
- Abschluss der Lieferantenverträge,
- Abnahme und Projektübergabe und
- Auftragsabschluss
beinhalten.
Prozessgruppen schaffen die Grundlage für eine effektive Projektorganisation, die es erlaubt, die Summe einzelner Prozesse zu konzertieren und in ein Ordnungsgefüge zu setzen. Sie gewährleisten, dass sämtliche Tätigkeiten im Rahmen der jeweiligen Prozesse effektiv initiiert, geplant, ausgeführt, kontrolliert und abgeschlossen werden können.
Quellenverweise:
[5] PMBOK-Guide 2008.
[6] PMBOK-Guide, a.a.O.; ebenso: ISO-Prozessmodell für QM-Systeme.
[7] PMBOK-Guide, a.a.O.
[8] Smith, Managing Risks in Construction Projects.
[9] PMBOK-Guide, a.a.O.
[10] PMBOK-Guide, a.a.O.
[11] PMBOK-Guide, a.a.O.
[12] PMBOK-Guide, a.a.O.
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